Durchschnittsstrompreise 2021 veröffentlicht Das BAFA hat die Durchschnittsstrompreise für 2021 veröffentlicht. Diese sind für Anträge…
Abgrenzung Drittverbrauch im Rahmen der EEG-Umlage: Gesetzesänderung durch Energiesammelgesetz rückwirkend zum 01. Januar 2018
Am 14. Dezember hat das Energiesammelgesetz den Bundesrat passiert. Darin enthalten ist mit dem § 62b EEG eine Neuregelung zur Abgrenzung von Drittverbräuchen im Rahmen der EEG-Umlage, die rückwirkend zum 01. Januar 2018 in Kraft tritt. Alle Antragsteller zur Besonderen Ausgleichsregelung haben bereits einen Brief vom BAFA zu diesem Thema für den aktuellen Antrag bekommen und müssen sehr kurzfristig reagieren. Aber auch für alle Eigenversorgungskonstellationen gilt: Es besteht dringender Handlungsbedarf, um möglichst schnell eine gesetzeskonforme Abgrenzung der Drittmengen sicherzustellen. Für die Vergangenheit und Gegenwart muss geprüft werden, ob durch die Übergangsregelungen vorhandene Lücken in der Abgrenzung geheilt und so hohe Nachzahlungen vermieden werden können.
Grundsatz: Abgrenzung durch eichrechtskonforme Messungen
Grundsätzlich müssen nach § 62b Abs. 1 EEG Strommengen, für die EEG-Umlage gezahlt werden muss, mit Messungen erfasst werden, die dem Eichrecht entsprechen. Weiterhin müssen Strommengen, für die unterschiedliche EEG-Umlagen-Sätze gelten, mit eichrechtskonformen Messungen voneinander abgegrenzt werden. In der Regel ergeben sich unterschiedliche Umlage-Sätze, wenn für den Eigenverbrauch durch die Besondere Ausgleichsregelung oder Eigenversorgung eine reduzierte EEG-Umlage gezahlt werden muss, während für den Fremdverbrauch die volle EEG-Umlage zu zahlen ist. Für die Beantragung der Besonderen Ausgleichsregelung gilt zudem, dass Eigen- und Fremdverbrauch selbst bei gleichem EEG-Umlage-Satz über eichrechtskonforme Messungen voneinander abgegrenzt werden müssen. Grundsätzlich muss daher immer eine Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch mit eichrechtskonformen Messungen erfolgen! Dies entspricht auch der bisherigen Sichtweise des BAFAs.
Definition Letztverbraucher
Um die erforderliche Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch umsetzen zu können, muss zunächst ermittelt werden, wer der tatsächliche Letztverbraucher der jeweiligen Strommenge ist. Nach der Gesetzesbegründung, die sich auf die langjährige Rechtsprechung und die Sichtweise der Bundesnetzagentur beruft, ergibt sich aus den folgenden Merkmalen, wer der Betreiber der elektrischen Verbrauchseinrichtung und somit der Letztverbraucher ist:
- Sachherrschaft über die elektrische Verbrauchseinrichtung
- Eigenverantwortliche Bestimmung der Fahrweise der elektrischen Verbrauchseinrichtung
- Tragen des wirtschaftlichen Risikos der elektrischen Verbrauchseinrichtung, insbesondere bei ihrem Ausfall (Problem zum Beispiel bei Leasing-/Miet-Geräten oder Betriebsführungsverträgen)
Wer diese Merkmale in sich vereint, ist Letztverbraucher des Stroms. Vereinen sich die Merkmale nicht eindeutig in einer Person, wird die Zuordnung des Stromverbrauchs risikobehaftet. Bedacht werden müssen dabei auch elektrische Verbrauchseinrichtungen, auf die die eigenen Mitarbeiter und Dritte zugreifen können (zum Beispiel frei zugängliche Bedieneinrichtungen für Beleuchtung, Klimaanlagen, etc.). Im Zweifel sollte eher von einem Fremd- als einem Eigenverbrauch ausgegangen werden, um Risiken zu vermeiden.
Geringfüge Verbräuche Dritter (Bagatellverbräuche)
Nach dem neuen § 62a EEG sind Fremdverbräuche als Eigenverbrauch anzusehen, wenn sie
- geringfügig sind,
- üblicherweise und im konkreten Fall nicht gesondert abgerechnet werden und
- verbraucht werden in den Räumlichkeiten, auf dem Grundstück oder dem Betriebsgelände des Letztverbrauchers und im Fall einer gewerblichen Nutzung zur Erbringung einer Leistung der anderen Person gegenüber dem Letztverbraucher oder des Letztverbrauchers gegenüber der anderen Person.
Während die beiden letzten Punkte relativ eindeutig sind, handelt es sich bei dem ersten Punkt („geringfügig“) um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiele „Stromverbrauch von Gästen, Passagieren, externen auf Werkvertragsbasis beschäftigten Reinigungsdiensten oder Handwerkern“. Weiterhin heißt es, dass „der Jahresverbrauch eines gewöhnlichen Haushaltskunden im Regelfall aber keinen Bagatellverbrauch mehr darstell[t].“ Hierzu soll es mündliche Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums geben, nachdem von einem kleinen Haushaltskunden (ca. 2.000 kWh/a) auszugehen ist. Als weiteres Merkmal für einen geringfügigen Stromverbrauch sieht die Gesetzesbegründung die Dauer des Verbrauchs: Bei „einer Untervermietung über einen Zeitraum von mehr als einem Monat“ soll kein geringfügiger Verbrauch mehr vorliegen. Bei den Merkmalen Strommenge und Dauer dürfte auf das gesamte Fremdunternehmen abzustellen sein, nicht auf den einzelnen Mitarbeiter des Fremdunternehmens.
Generell muss hier beachtet werden, dass es sich um eine Ausnahmeregelung handelt und daher eine enge Auslegung erforderlich ist.
Soweit es sich um einen geringfügigen Fremdverbrauch nach § 62a EEG handelt, ist keine Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch erforderlich.
Besonderheiten bei der Eigenversorgung
Wie schon nach der bisherigen Gesetzeslage muss auch weiterhin bei der Eigenversorgung eine ¼ h-scharfe Betrachtung der selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strommengen erfolgen. Zur Erleichterung wird laut der Gesetzesbegründung jetzt auch die gewillkürte Nachrangregelung anerkannt. Danach reicht die Erfassung von Fremdverbräuchen über einen eichrechtskonformen Arbeitszähler, wenn dieser Fremdverbrauch vorrangig der Eigenerzeugung zugerechnet wird.
Schätzmöglichkeiten
Sollte eine Abgrenzung über eichrechtskonforme Messungen „technisch unmöglich oder mit unvertretbarem Aufwand verbunden“ sein, darf eine Schätzung erfolgen. Die Voraussetzungen dürften nur in wenigen Ausnahmefällen erfüllt sein, da der Gesetzgeber für den vertretbaren Aufwand die einmaligen Kosten einer einzubauenden Messung mit der möglichen Einsparung über viele Jahre vergleicht.
Sollte eine Schätzung zulässig sein, erfolgt diese nach der Idealvorstellung des Gesetzgebers in dem die elektrische Leistung jedes einzelnen Stromverbrauchsgerätes mit der Jahresstundenzahl (8.760 h) multipliziert wird (Worst-Case-Betrachtung). Der Maßstab ist laut dem Gesetz, dass die „Schätzung [..] in sachgerechter und in einer für einen nicht sachverständigen Dritten jederzeit nachvollziehbaren und nachprüfbaren Weise zu erfolgen“ hat. Zudem müssen im Rahmen der Endabrechnung der EEG-Umlage sehr detaillierte Angaben zu der Schätzung gemacht werden, die vom Wirtschaftsprüfer bestätigt werden müssen.
Übergangsregelungen
- Für Stromverbräuche in den Jahren 2018 und 2019 darf auch ohne Begründung eine Schätzung der Strommengen erfolgen. Dies gilt bei der Beantragung der Besonderen Ausgleichsregelung auch für das Jahr 2017. Bei der Endabrechnung für das Jahr 2019 darf dies jedoch nur erfolgen, wenn mit der Endabrechnung dargelegt wird, wie seit dem 01. Januar 2020 eine gesetzeskonforme Abgrenzung erfolgt. Dabei darf der Übertragungsnetzbetreiber verlangen, dass dies durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigt wird.
- Bei Zahlungsansprüchen für Stromverbräuche vor dem 01. Januar 2018 kann die Zahlung verweigert werden, soweit
- der Anspruch aus einer fehlenden Abgrenzung durch eichrechtskonforme Messeinrichtungen resultiert,
- die Abgrenzung entsprechend der gesetzlichen Regelungen zu Schätzungen nachgeholt wurde,
- die EEG-Umlage für die geschätzten Strommengen nachgezahlt wurde und
- ab dem 01. Januar 2020 eine gesetzeskonforme Abgrenzung erfolgt.
- Für die Antragstellung zur Besonderen Ausgleichsregelung wird unwiderlegbar vermutet, dass die bisherigen Angaben zum Eigenverbrauch in den Jahren 2014 bis 2016 korrekt sind, soweit diese vom BAFA geprüft und akzeptiert wurden.
Folgen einer nicht-gesetzeskonformen Abgrenzung
Zu den Folgen einer nicht-gesetzeskonformen Abgrenzung führt die Gesetzesbegründung folgendes aus: „Werden Strommengen, die einer EEG-Umlagepflicht in unterschiedlichen Höhen unterliegen, […] nicht durch mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtungen voneinander abgegrenzt, führt dies […] dazu, dass auf die gesamten unabgegrenzten Strommengen der für diese Strommengen geltende höchste EEG-Umlagesatz zu zahlen ist, da insoweit der Nachweis anteilig privilegierter Strommengen nicht gelingt.“
Wirkung der Gesetzesänderung für weitere Umlagen
Durch entsprechende Gesetzesänderungen sind die neuen Regelungen zur Abgrenzung des Fremdverbrauchs auch bei der KWKG-, § 19 StromNEV- und Offshore-Netz-Umlage anzuwenden. Daher ist auch an Abnahmestellen, an denen keine Eigenversorgung erfolgt oder die nicht in der Besonderes Ausgleichsregelung sind, eine eichrechtskonforme Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdverbrauch erforderlich, wenn eine Reduzierung der genannten Umlagen erfolgen soll. Ab 2019 ist jedoch ohne die Besondere Ausgleichsregelung nur noch eine Reduzierung der § 19 StromNEV-Umlage möglich.
Zusammenfassung und Handlungsempfehlung
Strommengen,
- für die EEG-Umlage zu zahlen ist,
- die unterschiedlichen EEG-Umlage-Sätzen unterliegen oder
- die als Eigenverbrauch bei der Antragstellung zur Besonderen Ausgleichsregelung verwendet werden,
müssen grundsätzlich mit eichrechtskonformen Messungen erfasst bzw. abgegrenzt werden. Soweit von diesem Grundsatz Abweichungen möglich sind, müssen diese eng ausgelegt werden. Aufgrund des Risikos bei einer nicht-gesetzeskonformen Abgrenzung müssen alle Stromverbräuche auf eine gesetzeskonforme Abgrenzung untersucht werden und das bestehende Messkonzept gegebenenfalls angepasst werden. Zur Risikobegrenzung sollte über den strategischen Einbau von eichrechtskonformen Zwischenmessungen nachgedacht werden, um bei einem versehentlich nicht erfassten Fremdverbrauch den Schaden begrenzen zu können. Zudem sollte bei jedem neuen Dritten, der eine Tätigkeit auf dem Betriebsgelände aufnimmt, bzw. bei Änderungen bei vorhandenen Dritten, automatisch eine Prüfung erfolgen, ob Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Für den laufenden Antrag auf Besondere Ausgleichsregelung muss umgehend geprüft werden, ob in dem Antrag bereits für das Jahr 2017 alle Fremdverbräuche entsprechend der Neuregelung abgegrenzt wurden.
Für die Übergangszeit (2018 & 2019), bis eine gesetzeskonforme Abgrenzung vorliegt, sollte frühzeitig eine Schätzung nach den gesetzlichen Anforderungen für die bisher nicht-eichrechtskonform gemessenen Fremdverbräuche vorbereitet werden.
Die Schätzung sollte gegebenenfalls auch für die Jahre vor 2018 vorbereitet werden, damit bei einer entsprechenden Aufforderung diese fristgerecht vorgelegt werden kann. Für das Zahlungsverweigerungsrecht für die Jahre vor 2018 ist konstitutiv, dass ab dem 01. Januar 2020 eine gesetzeskonforme Abgrenzung erfolgt.
Schlussbemerkung
Bei dieser Zusammenfassung handelt es sich nur um einen ersten Überblick zu einem umfangreichen und komplexen Thema, dass in jedem Fall individuell betrachtet werden muss. Sie ist daher weder vollständig noch abschließend.